Samstag, 4. April 2009

Zusammenhalten 2.0

Streik im virtuellen Raum“ lautete kürzlich die Schlagzeile der (zugegeben, etwas tendenziösen und nicht immer ganz nachvollziehbaren) Uni-Zeitung unique. Ich horchte (oder besser: blickte) auf: ein virtueller Streik? Gewerkschaft 2.0?

Web 2.0 ist uns ein Begriff – es geistert durch all die lobenden, kritisch-bedächtigen und zeigefingerwarnenden Kommentare zu Tools wie YouTube, Facebook oder sogar SecondLife. Doch abgesehen von der Möglichkeit, mehr oder weniger wesentliche Informationen auszutauschen und (nicht zuletzt für berufliche Zwecke) schriftlich wie mündlich in Echtzeit zu kommunizieren, sehe ich hier nicht allzu viele realweltliche Errungenschaften.

Nun aber hat ein IBM-Betriebsrat „einen Streik bei IBM auf der digitalen Plattform Second Life initiiert“. So also funktioniert virtuelles Streiken: nicht etwa, dass man bei laufendem Computer mit verschränkten Armen vor der Tastatur sitzt oder per Chat Parolen skandiert. Nein: man streikt einfach in einer parallelen Welt, wo man mittlerweile schon mehr Kollegen trifft als im Büro. Man streikt ohne Konfrontationen mit realen Personen, ohne euphorisierenden Protestmarsch, ohne Bericht in der ZIB 2. Ströme am Datenhighway statt gesperrter Straßen. Was kann das bringen?

Vielleicht sollte ich positiv überrascht sein, dass es Gesellschaften (hier treffender: Communities) gibt, die es schaffen zu streiken. Die sogar so effizient kommunizieren, dass sie sich auf rein virtuellem Wege und länderübergreifend organisieren. Trotzdem bleibt es bedenklich zu beobachten, wie große Teile des Lebens mehr und mehr ins Virtuelle kippen, wie mehr und mehr Grüße, Liebesbekundungen, Neuigkeiten, Gespräche, Geschäftsabwicklungen, Freizeitgestaltung, Lebensinhalt im Web stattfindet. Haben wir denn keine realen Räume mehr, die uns Spaß machen und genügen? Ist unser virtuelles Gesicht so viel interessanter?

Ich bin gegen 100%-ige Telearbeit. Und ebenso bin ich dagegen, dass sogar die Kommunikation unter Kollegen, die Solidarisierung und Zusammenballung rein virtuell stattfinden soll. Es geht nichts über einen Kaffeeklatsch an einem realen Tisch in der realen Sonne. Und ebenso wenig kann ich mir einen virtuellen Protestmarsch vorstellen.

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