Samstag, 26. Dezember 2009

Verpartnerung, ja!

Langsam macht Österreich einen winzigen Fortschritt in Sachen Partnergesetzgebung. Wien schnürt ein "Verpartnerungs"-Paket, in Salzburg-Mirabell ist eine Zeremonie möglich, in Graz (dessen Vizebürgermeisterin offen lesbisch lebt) wird darum gerungen.

In einer Zeit, in der Familie viele Gestalten annehmen kann und eine feste Partnerschaft nichts Selbstverständliches ist, aber durchaus etwas Mögliches und Eintragbares sein soll, ist eine eingetragene Partnerschaft nur wichtig und richtig.

Und die muss nicht auf homosexuelle Paare beschränkt bleiben.

Wenn die Ehe ausschließlich mit einem traditionellen (Kern)Familienbild verbunden wird, katholisch unauflöslich ist und vielleicht noch mit einer kirchlichen Zeremonie einhergehen muss, ist die eingetragene Partnerschaft für viele Paare eine ernsthafte Alternative. Warum soll ihnen etwa das Erbrecht, ein Besuchsrecht im Krankenhaus, die Möglichkeit zur Adoption und viele weitere, für die Ehe fest verankerte Gesetzgebungen vorenthalten bleiben, weil sie nicht das Bild der traditionellen Familie spiegeln?

Frankreich hat seit mehreren Jahren den PACS, Spanien - lange als katholisch und rückschrittlich verschrien - hat eine eingetragene Partnerschaft durchgeboxt, von Nordeuropa gar nicht zu reden. Warum soll das bei uns nicht möglich sein? Gefordert wird es schon lange genug.

Freitag, 25. Dezember 2009

In Italien...

...werden Menschen angegriffen, die sich entweder für Gottes Stellvertreter auf Erden oder für Gott selbst halten. Ich bin keine Freundin von Gewalt (im Gegenteil), ein Zeichen zu setzen für Wehrhaftigkeit gegen totalitäre Tendenzen ist aber kein Fehler.

Sonntag, 13. Dezember 2009

Aus unserer Reihe "Absurditäten"




















Durch alle Medien geistert die Meldung, die Hypo Bank stehe kurz vor dem Aus, einzig die Art und Weise dieses Aus ist noch nicht geklärt (siehe oben Mitte).
Indessen wirbt die Hypo Bank mit vorausschauender Geldanlage (siehe unten links).

Ich nenne das eine Ironie des Layouts.

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Für Kärnten...

... wäre es oft gut, über den eigenen Tälerrand hinauszuschauen.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Protestiergeist

Seit 40 Tagen ist das Audimax der Uni Wien besetzt (wenn man die Religion bemüht, eine symbolträchtige Zahl: die Uni-Besetzung als Fastenzeit? Besinnung auf das Wesentliche? Letzteres vielleicht).

Wenig passiert. Basisdemokratie ist Fluch und Segen zugleich, sie kann Zeichen setzen oder sich selbst lähmen. Langsam geht den Besetzern die Luft aus (nicht nur, weil letztere ziemlich dick ist, da der Rektor blockiert).

Aber:
Es ist schon ein starker Anfang, wenn in Österreich wahrnehmbarer Protest passiert. Wenn dieser Protest von Österreich nach außen schwappt (und nicht umgekehrt, wie ein Modetrend). Wenn es eine (naturgemäß zunächst unorganisierte) heterogene Gruppe schafft, zumindest einigermaßen ihre Interessen nicht nur kundzutun, sondern auch zu verteidigen und zu fordern.

Immerhin gibt es Diskussionen, Arbeitsgruppen, Statements. Dass sich nicht alle mit allen Forderungen identifizieren, ist zu verstehen und bis zu einem gewissen Grad gar nicht von Bedeutung.
Wichtig ist, dass versucht wird, etwas zu tun. Dass Entscheidungsträger tatsächlich in die Enge getrieben werden. Und es wäre wirklich gut, sich zu solidarisieren.

Erleben wir gerade ein zweites, kleineres 68 unter geringfügig anderen Vorzeichen (etwa dem der globalisierten Medien und schnellebigen Entscheidung)? Vielleicht werden wir hier gerade Zeugen eines einschneidenden Moments und merken es gar nicht. Wie man ja meistens erst hinterher überblickt, welche Ereignisse in der Geschichte Bedeutung erlangen.

Ich hätte Einreiseverbot in Kärnten...

...denn: O-Ton Dörfler: "Alle, die sich in Kärnten gut benehmen, sind in Kärnten herzlich willkommen."

Ich muss aber kritisieren... Warum? Seht selbst:

http://derstandard.at/1259280848806/Kaernten-Doerfler-verteilt-wieder-Hunderter

http://www.youtube.com/watch?v=3HeNmoetIBs

Montag, 30. November 2009

So ist Kärnten

"Man müsste seine Urne ins Gefängnis sperren.", sagt Schriftsteller Josef Winkler über Jörg Haider.

http://derstandard.at/1259280716376/Zitate-der-Woche-Twittern-tu-ich-nicht-nach-Bueroschluss?sap=2&_slideNumber=2&_seite=1

Turmbau zu Basel

In einem Volksbegehren lehnt die Schweizer Bevölkerung den Bau von Minaretten überwiegend ab, was zu hohem Wellenschlagen im In- und Ausland führt.

Ein prozentuell eindeutiges Zeichen für einen Konflikt, der ohnehin schwelt. Wasser auf die Mühlen von Strache & Co. Aufschreie über verletzte Religionsfreiheit und Verhindern einer Integration, die in der Schweiz angeblich recht erfolgreich ist.

Allerdings:
Zunächst ist dieser Teil der Debatte wohl rein symbolisch. Minarette allein entscheiden nicht über Ghettoisierung und mangelnde Integration, und das Verbot von Minaretten ist noch kein Verbot von Moscheen oder gar der (religiösen, kulturellen) Zusammenkünfte an sich.

Schlimmer als das Ergebnis des Volksbegehrens ist allerdings die Hetze, die damit einhergeht. Besonders deutlich wird das an den plump-direkten Plakaten der Abstimmungsinitiatoren.

Letztendlich ist es schlimm, dass die Koexistenz von Kulturen (und folglich Religionen) stets zum Konflikt führen muss. Dass es Mehrheiten gibt, und dass es Regeln für das Zusammenleben geben muss, die die Mehrheit entscheidet, macht einen Strich durch die Illusion, es könne ein Nebeneinander geben, das einen Kampf um das Vorrecht auf die eigene Kultur unnötig macht.

Religion ist Privatsache, und Laizismus in weiten Bereichen des Alltags scheint mir eine vernünftige Lösung. Doch er hat seine (umstrittenen) Grenzen - siehe schon Kopftuch, Kreuz und Co. - und so werden weiterhin wenn nicht Religionen, so doch Kulturen, Lebensweisen aufeinandertreffen, die unvereinbar scheinen - und dann übereifrig verteidigt werden.

Mittwoch, 25. November 2009

für die verständigung in der welt...

... oder im multikulturellen Österreich...

...werden Initiativen ergriffen:

http://www.sprachedirekt.net/

Weil gerade die Vermittlung von medizinischen Diagnosen ein heikles Thema ist... und damit kein/e Migrant/in der 2. oder 3. Generation der eigenen Mutter die bevorstehende Krebs-OP erklären muss...

Montag, 23. November 2009

über urheber und ihre rechte

Seit Wochen schwelt der Streit um die Berechtigung für Google, Bücher oder lange Auszüge davon digital verfügbar zu machen. Autoren und Verlage protestieren und prozessieren und verweisen auf ihre Rechte als Urheber.

Man muss anerkennen: die Welt dreht sich weiter, und das ziemlich schnell. Gewisse Gewohnheiten, Regelungen, Veröffentlichungsprozeduren müssen sich dem wohl anpassen. Auch dass Urheberrechte, die Werke zum Teil jahrzehntelang unter Verschluss halten, im schnelllebigen Heute nicht mehr zeitgemäß sind, kann ich nachvollziehen. Wir wollen Zugang zu allem, und das sofort.
Das kann Nachteile haben - insbesondere für die, die die Urheber der Werke sind. Sie befürchten (wohl nicht zu Unrecht), dass sie leerer ausgehen, je unentgeltlicher der Zugang zu ihren Werken ist. Noch lauter schreien jene, die am meisten vom Erlös eines Werks abhängen: Verlag und Vertrieb.
Problematisch ist auch, dass die Initiative von riesigen Firmen kommt und damit sofort eine Machtfrage ist. In der globalisierten Welt sind immer die am schnellsten, die es sich leisten können. Und die bleiben dann allein an der Spitze.

Das Problem liegt also nicht in der Idee, insbesondere alte und/oder schwer zugängliche Werke zu digitalisieren. Das Problem liegt im konsumorientierten Hintergrund, in den Auswüchsen, die das Projekt annehmen könnte, in der Unkontrollierbarkeit. Leider steht hinter der demokratischen Idee ein kapitalistisches System.

Es müssten sich Unabhängige finden, die im Interesse, Werke zu erhalten, diese der Öffentlichkeit zugänglich machen. Möglichst kontrolliert und unentgeltlich. Leider gibt es so etwas wie Unabhängigkeit praktisch nicht, und leider werden die wenigen, die es vielleicht sind, sich den Aufwand nicht leisten können.

Fazit: Man muss wohl kritisch bleiben... und überlegen, ob man nicht mehr tun kann als das.

Montag, 9. November 2009

bedeutungsschwer, Folge 1

Religion kommt von religio und heißt wörtlich "(Zu)Rückbinden".
Religiosus/a heißt "fromm" oder "voller Bedenken".
Was will uns das sagen?

Sonntag, 8. November 2009

Blassoranger Fazit

In der Presselandschaft wird gemeldet: die Haider-Ausstellung im Klagenfurter Bergbaumuseum ist dürftig besucht.

Am 9. Oktober wurde die Schau eröffnet.
Teils sind Objekte, die angekündigt waren, noch gar nicht eingetroffen.
Eintritt und Setting wirken möglicherweise nicht auf sämtliche Kärntner attraktiv.
Verschwörungstheorien, Sonnenverklärungen und nachträgliches Lamentieren greifen vielleicht nicht mehr.

Schlimm genug, dass an der Unfallstelle ein Marterl steht (man bedenke: ein religiöses Symbol der Verklärung für einen Politiker nach einem fragwürdigen Unfalltod) und stets mit Blumen geschmückt ist (man bedenke: Bewunderung und Liebe nicht für Verdienste im Leben, sondern für tödliche Verantwortungslosigkeit). Schlimm genug, dass eine Brücke nach ihm benannt ist und ein eingeschränkt intellektueller Landeshauptmann hauptsächlich davon lebt, der Nachfolger in Geist und Amt zu sein.

Und schlimm genug, dass uns Monsieur Haider im Leben alle seine Programme vom Schulstart bis zur Wörtherseebühne in Form von Ermäßigungen, Gratiseintritt und Förderungen nachwerfen wollte, damit wir sie nehmen. Damit er gut da steht, während die Wirtschaft siecht.

Ein Hoffnungsschimmer für die Kärntner Seele, dass wenigstens dem Kasperltheater im Nazistollen nicht die Türe eingerannt wird.

Freitag, 6. November 2009

Zukunftsaussichten...

Gepriesen seien Technik und Fortschritt!
Bald wird man nicht mehr Übersetzerinnen und Dolmetscherinnen anstellen müssen, die mehr als einmalige Anschaffungskosten bedeuten und noch dazu fehleranfällig sind (immerhin sind sie Menschen). Denn nun gibt es das ultimative Gerät für derlei Aufgaben!

Japaner entwickelten dolmetschende Brille

Japanische Forscher haben eine Brille entwickelt, die Sprachbarrieren überwinden und Dolmetscher ersetzen soll. Der vom Hightech-Unternehmen NEC entwickelte "Tele Scouter" sieht aus wie eine normale Brille, hat aber keine Linsen. Stattdessen wird mit einem angebauten Gerät Schrift direkt auf die Netzhaut des Benutzers projiziert.
Der Text wird durch ein Spracherkennungs- und Übersetzungsprogramm bereitgestellt. Damit liefert die Dolmetscherbrille während eines Gesprächs zwischen zwei Trägern quasi Untertitel. Das gesprochene Wort wird von dem Gerät per Mikrofon aufgenommen, übersetzt und ist sofort als Text im Auge des Gegenübers sowie per Kopfhörer zu empfangen.
Das Gerät könne nicht nur für eine flüssige Unterhaltung zwischen Menschen mit verschiedenen Muttersprachen sorgen, sagte Takayuki Omino von NEC heute bei der Vorstellung der Erfindung in Tokio. Auch bei vertraulichen Unterredungen könne es wertvolle Dienste leisten, weil ein Dolmetscher dadurch überflüssig werde. NEC will das Gerät im November kommenden Jahres zunächst in Japan auf den Markt bringen.
(ORF.at)

Ohne vorurteilen zu wollen: dass ein solches Gerät aus Japan kommt, erstaunt mich ehrlich gesagt wenig.

Samstag, 31. Oktober 2009

Zitat des Tages

Zitat aus: dem Bericht-Film der Jungen Verlagsmenschen 2009. Ausgesprochen von: einem Junior-Lektor, gültig für: uns alle Bücher-Macher, Lektoren, Übersetzerinnen, Schreibende, Laborierende an Texten, Kunst und dem, was wir für unser Glück halten:

"Es ist wahrscheinlich der beschissenste Traumjob, den es gibt - aber ein Traumjob."

Die Mischung macht's

Heute: ein - übrigens sehr informativer - Artikel im online-Standard über die Arbeit in der Pathologie, über den Tod, Körpersäfte, schwierige Entscheidungen und neue Methoden. Daneben: ein Bild von Blut. Darunter: die Werbeeinschaltung für ein All-you-can-eat-Buffett.

Kuriose Mischung.

Montag, 19. Oktober 2009

Adresse nicht gefunden.

Die häufigste Verleugnung im Internet-Alltag, gleich nach "Die Seite kann nicht angezeigt werden, weil Sie offline sind." Obwohl ich laut Status nicht offline bin.

Von Fußball und Wüste

Saudi-Arabien ist wohl jenes Land, in dem die Moderne um jeden Preis am stärksten wütet. Und in der krassesten Schieflage der Tradition steht.

Hightech-Beamer zeigen Videowall-Fußball auf dem Teppich im Zelt in der Wüste. Frauen müssen sich vollständig verhüllen und dürfen Behördengänge nur mit Erlaubnis eines männlichen Vormunds machen.

Skurril auch: Vor kurzem wurde die erste Universität eröffnet, an der Männer und Frauen studieren können. 85 Prozent der Studierenden stammen nicht aus Saudi-Arabien. Doch auch die niedrigsten Schichten kommen aus dem Ausland: In der traditionellen Landwirtschaft werden die niederen Dienste zum Großteil von Fremdarbeitern versehen. Sie stellen 30 Prozent der Bevölkerung.

Es gibt Dinge, die kann man nicht ernst nehmen. Aber eine gewisse Menge an Erdöl-Dollars verschafft einem doch rasch internationalen Respekt

Sonntag, 11. Oktober 2009

Jetzt erst recht nicht

Jörg Haider, der umstrittene Unheilige - und insbesondere sein umstrittener Unfalltod - ist heute in allen Zeitungen und in aller Munde. Ein Grund, sich an dieser Stelle nicht über das Phänomen Haider auszulassen. Auch nicht über die Haider-Bruderschaft BZÖ. Und auch nicht über Asylpolitik oder Ortstafeln.

Hier sei nur angemerkt: Während das BZÖ noch mit Ortstafelfragen nach Wählerzustimmung heischt, ist nicht nur das Interesse vieler Kärntner am Thema erkaltet, sondern haben es auch so konträre Figuren wie Heimatdienst-Chef Feldner und die Slowenenvertreter Marjan Sturm und Bernard Sadovnik geschafft, durch Vernunft zu einem Konsens zu gelangen. Eine Lösung besteht also parallel zu der heißen Luft, mit der das BZÖ daraus ein Problem macht.

Jemand sollte das Bündnis Zukunft Österreich darauf hinweisen, dass das 21. Jahrhundert angebrochen ist. Dass man nicht ewig von Themen und Charisma eines Verblichenen zehren kann. Und dass man mit Vernunft auch ganz gut Politik machen kann. Vielleicht sogar eine, die Kärnten voranbringt.

Sonntag, 6. September 2009

Die echte Welt

Jetzt, während ich für die Diplomprüfung lerne und gleichzeitig in der Arbeit beginne, Strukturen und Abläufe zu durchschauen, effektiv zu arbeiten, in der anderen Arbeit detailgenau arbeite und doch mir Strategien überlege - da wird mir wirklich deutlich, wie weit entfernt die Arbeitswelt von der Universitätswelt ist.

Immer mehr habe ich an der Uni das Gefühl, man könne sich aus der Affäre ziehen, indem man schwafelt und notfalls sich von der Empirie, der Realität, dem Kontakt mit Praktikern entfernt. Man kann dort auf diese Weise überleben und wird womöglich noch für klug und erfolgreich erklärt.

In der Arbeit gilt es selbst zu denken, und zwar nicht Theorien weiterzudenken, sondern möglichst praktisch zu sein, rasch einzusteigen und Verantwortung zu übernehmen: für die Menschen, die man betreut, für die Firma, zu der man gehört, damit auch für sich selbst. Wo bleibt an der Uni die Verantwortung? Man kann sie, scheints, vermeiden.

Verlangt das nicht nach einer dringenden Änderung?

Sonntag, 2. August 2009

Beschleunigung

Ich lese einen Artikel über Zeitsoziologie, über die Wahrnehmung von Zeit in verschiedenen Epochen und über Be- und Entschleunigung*.

Ich lese, dass die Beschleunigung des Arbeitslebens sich auch auf dessen Struktur auswirkt: dass Phänomene wie Mehrfachausbildung, Teilzeitarbeit, Freelancing und "multiple Karrieren" Erscheinungen dieser Beschleunigung sind. Mir kommt das vor wie eine Art Kaleidoskopwahrnehmung von Zeit: einem (Arbeits-)Leben wird nicht mehr zugestanden, linear zu sein. Statt dessen lebt man sternförmig in mehrere Richtungen oder arbeitet sich parallel nach vorn. Das Schlagwort, das ich dazu finde, heißt "Patchworkkarriere".

So wie ich das sehe, sind wir ÜbersetzerInnen, LektorInnen und alle anderen "neuen Selbstständigen" die klassischen Patchwork-Karrieristen. Wir nähen an unserem bunten Leben.

Ich bin gespannt auf das Muster.





*) Wie schön, dass es sich mit Vor- und Nachsilben im Deutschen so schön basteln lässt.

Mittwoch, 15. Juli 2009

In den armen Regionen im Nordosten Brasiliens legen Mütter, wenn die Kinder abends vor Hunger weinen, Steine in die Pfanne auf dem Herd und sagen, dass es gleich etwas zu essen gibt. Sie hoffen, dass die Kinder inzwischen einschlafen.

Es gäbe auf der Welt für 12 Milliarden Menschen zu essen. Wenn wir in der Lage sind, so viel zu produzieren, warum sind wir dann nicht in der Lage, es besser zu verteilen?

Übrigens: "We feed the world" ist ein sehenswerter Film, und ich besitze jetzt ein Stück mittelamerikanischen Regenwald.

Samstag, 11. Juli 2009

Aphorismus des Tages

Ich mache hundert halbe Sachen. Mathematisch gesehen sind das fünfzig ganze, was ja schon viel wäre. Aber im wirklichen Leben kann man nicht kürzen, und so bleiben die hundert halben Sachen die Hälften, die sie sind.

Sonntag, 21. Juni 2009

BioTopos

Alt-Achtundsechziger-artige Anwandlungen? Vorsichtiger Versuch verantwortlichen Fortschritts? Landflucht der Städter, harmonische Neufassung schrebergärtnerischer Tradition?

Vielleicht hat all das mehr Nachteile, als es auf den ersten Blick aussieht. Aber ein Stückchen biologischen Gartens am Rande von Wien neben verschiedensten andern, die das auch so wollen - für den Eigengebrauch nebst Export auf Wunsch - Biomacht Österreich - das klingt doch nicht schlecht.

http://www.derstandard.at/Panorama > Umwelt > Going Green

Samstag, 6. Juni 2009

5.6.2009: Die Nacht der gemischen Kunst

Es lud ein die junge literaturwerkstatt wien.


Und sie fanden sich ein, um zu lesen, zu performen, Kurzfilm zu spielen und Objekte und Fotografien zur Schau zu stellen. Und siehe da, sie kamen, um zu hören und zu sehen: der Saal im Literaturhaus war voll, die technischen Pannen natürlicher Teil der Performance, die Stimmung doch gut und hinterher: das Buffet bald leer... Kurz gesagt: ein schöner Abend.
Danke denen, die bei der Verwirklichung geholfen haben, und danke denen, die da waren!

Mittwoch, 3. Juni 2009

Werbekosten?

Dieser Tage erreicht uns wieder häufig ungebetene Wahlwerbung aus allen Wellenlängen des Parteienspektrums. Und sie beschränkt sich nicht auf engagierte Freiwillige, die Kugelschreiber austeilen, oder Spitzenkandidaten, die Samstags vor den Einkaufszentren Reden schwingen: sie flattert einem auch in den Briefkasten, Mehrfarbdruck auf Hochglanzpapier oder sogar kuvertiert.

Da fragt sich die scharfe Beobachterin: Wozu? Woher?
Woher nehmen die Parteien das Geld für farbbedruckte Werbeschriften und kuvertierte Briefsendungen, während sie andererseits ständig lamentieren, dass selbst für die wichtigen Themen Europas das Geld fehlt?
Da steigen die Arbeitslosenraten, Unternehmen schrumpfen gesund, bis sie kaum noch vorhanden sind, die Umwelt bedarf unserer Aufmerksamkeit und Flugzeuge stürzen ab - und indessen wird kurz vor der Wahl auf sekundäre Themen abgelenkt, wird im Fernsehen über Glühbirnen diskutiert und über die politische Konkurrenz hergezogen, und Parteien haben nichts Besseres zu tun, als das verbliebene Geld für den Wahlkampf einzusetzen.

Glauben die im Ernst, ich wähle eine Partei, weil ich vier Tage vor der Wahl ein Brieflein von ihr bekomme? Oder weil ich frühmorgens ein buntes Zettelchen mit schlechten Reimen in die Hand gedrückt kriege?
Ich wundere mich, dass sich teure Werbung offenbar ausreichend amortisiert - so, dass weiterhin Ressourcen wie Zeit und Geld nicht in konstruktive Maßnahmen, sondern in inhaltslose Selbstdarstellung investiert werden.

Etwas muss sich ändern, aber schnell.

Sonntag, 31. Mai 2009

Nachtrag zum Nachtrag

die junge literaturwerkstatt wien liest/filmt/fotografiert/performt:

11 mal 5 plus x

Freitag, 5. Juni, 20 Uhr
Literaturhaus Wien
Freier Eintritt

Nachtrag zum Literaturbetrieb

Es wird vielleicht doch Klagenfurt sein.

Philipp Weiss, früher und immer wieder einmal mit dabei in unserer losen Runde der jungen literaturwerkstatt wien, ist heuer herausragend junger Teilnehmer beim Bachmann-Wettbewerb:

Weiss, der bisher "Egon" im Passagen Verlag sowie einige kürzere Texte veröffentlichte, in Wien Germanistik, Philosophie und Deutsch als Fremdsprache studierte und derzeit an einem Roman und einem Theaterstück schreibt, ist mit 27 der jüngste Wettbewerbs-Teilnehmer. "Ich muss mich beeilen mit meinem Roman. Wenn man in Klagenfurt fertig gemacht wird, kann man nicht mehr schreiben, wenn man bejubelt wird, kommt man nicht mehr dazu", meinte er im APA-Gespräch. (http://www.oe24.at/kultur/Wettlesen_mit_vier_Oesterreichern_0471459.ece)

Man kann vom (interessanten) Wettlesen mit öffentlicher Selbstdarstellung der Jury halten, was man will. Jedenfalls: Gratulation.

Mittwoch, 20. Mai 2009

Zitat des Tages

He that can have patience can have what he will. - Benjamin Franklin
(Kann ergänzt werden um "she".)

Jetzt ist schon wieder was passiert

(…) Jetzt ist aber etwas Neues passiert: es hat „Vorkommnisse" gegeben. Ausgerechnet in ehemaligen KZ wie Ebensee und Auschwitz - überhaupt der Kulminationspunkt der Vernichtung - sind österreichische Schüler und Lehrlinge mit Nazi-Parolen und Gewaltakten gegen greise NS-Opfer auffällig geworden. Das hat sogar die Selbstbetrüger in Politik und Medien tief erschreckt.
Denn die Umstände sind so, dass man da kaum von spontanen „blöden Jugendstreichen" reden kann. Angesagt ist jetzt aber Realismus. Dass Jugendliche, vor allem männliche, berufstätige Jugendliche an einfache, „starke" Lösungen glauben, ist kein unbekanntes Phänomen. Die Zeiten sind auch danach - „relative Ungleichheitsgefühle und Abstiegsängste begünstigen extremistische Denkweisen", sagt Steve Schwarzer, der Projektleiter der Sora-Studie. (…) - Hans Rauscher im „Standard“

Das sollte uns ja schon die Geschichte lehren. Betrachtet man sie genauer, so sieht man, dass immer gerade in wirtschaftlich (und damit sozial) unsicheren Zeiten, in Umbrüchen also, autoritäre Persönlichkeiten und Führungsstile Hochsaison haben.

Das ist rein rational nachvollziehbar, aber darum nicht weniger gefährlich. Natürlich wollen Menschen sich an etwas festhalten. Ich nehme mich da nicht aus. Und je (ver)einfach(t)er die Botschaft, desto wahrscheinlicher tun sie das. Zu bequem, um stärker nachzubohren. Natürlich sind sich Menschen selbst die Nächsten, und wenn die Verhältnisse rauer werden, fremdeln sie noch mehr: sie versuchen, ihren Status quo beizubehalten, und dabei sind ihnen alle, die „anders“ sind, eine besondere Bedrohung. Zu bequem, über den begrenzenden Schatten zu springen.

Trotzdem bin ich Gutgläuberin und Menschenfreundin genug, um auch auf andere mögliche Reaktionen zu hoffen. Und hoffentlich nicht zu bequem, um in meinem kleinen Umfeld an meinem kleinen Leben zu arbeiten.

Sonntag, 17. Mai 2009

Der schmale Grat...

... zwischen Menschenkenntnis und Vorurteil. Das dachte ich, als mir kürzlich wieder auffiel, wie viel bei jeglicher menschlichen Begegnung der Ersteindruck doch ausmacht. Und wie selten er trügt. Dabei wage ich vielleicht zu wenig, auf die Menschenkenntnis zu vertrauen, aus lauter Angst vor dem Vorurteil. Weil ich doch Toleranz will.

Vielleicht ist der Unterschied aber doch auch ganz klar: Menschenkenntnis ist eine Erwartungshaltung. Vorurteil ist eine Wertung.

Ich hab zum Beispiel im Zug nicht mehr gemacht, als damit gerechnet, dass der Mann, der mir gegenübersitzt, die Kronen Zeitung will und nicht eine andere. Die abgewetzte Schildkappe, die Bierdose und das Nonstop-DVD-Stieren auf dem Mini-Portable waren Indizien dafür.

Montag, 27. April 2009

SPAM

Es kommt ja immer wieder vor, dass in meinem Werkstatt-E-Mail-Eingang (einem Webmailer) ein unmoralisches Angebot durch den Spam-Filter rutscht. Und meistens sind diese Spam-Mails an ihren kryptischen Absendern oder ihren vielsagenden Titeln eindeutig erkennbar. Heute aber erreichte mich ein besonders unelegant verkleidetes Potenzpillen-Angebot. Die Betreffzeile lautete: "Weihnachtszeit ist Potenz-Zeit!"
Nicht nur der Zusammenhang ist mir schleierhaft, auch die Aktualität lässt meines Erachtens etwas zu wünschen übrig. Etwas mehr Einfallsreichtum hätte ich von Spammern und Phishern (in ihrem eigenen Verkaufsinteresse) doch erwartet.

Sonntag, 26. April 2009

ad) Literaturbetrieb

Für alle, die mehr oder weniger intensiv eine künstlerische Ausdrucksform betreiben, es nicht ganz lassen können, und das über Jahre hinweg, hier ein Zitat aus dem (amüsanten und wahren) Erfahrungsbericht meiner ehemaligen Literaturwerkstatt-Kollegin Cornelia Travnicek:

"Vielleicht wird es nie Klagenfurt sein. Für mich nicht und für viele andere auch nicht. Aber das macht nichts. Die Zeit der Geburtshäuser, in denen man dann das ganze Leben verbringt, ist vorbei, wir ziehen alle mehrmals im Leben um. Wohin sollte man da auch die Gedenktafeln hängen?"

Klagenfurt hier nicht zum Leben, sondern zum Lesen. In diesem Fall berühmt-berüchtigt.
Nein, ich glaube auch nicht, dass ich jemals beim Bachmann-Wettbewerb lesen werde. Auch wenn es mir wieder öfter zum Bedürfnis wird zu schreiben und die Übung meist doch ein klein wenig in Richtung Meister führt. Aber das ist nicht so schlimm. Denn:

"Schriftsteller zu sein bedeutet schon lange nicht mehr, sich hinter der Brille und einer Regalwand zu verkriechen und nur mehr mit fertigen Manuskripten hervorzukommen. Wir dürfen das Leben auch betreten.
Wie gehen hinaus, wir sehen uns um. Wir leben so, dass wir auch wieder autobiographisch schreiben dürfen, ganz ohne dass uns jemand »Nabelschau« vorwirft, denn unser Leben ist interessant genug, um erzählt zu werden. Wir haben Spaß an den Gestalten unserer Fantasie. Wir sind ein bisschen Rockstar. Wir machen die Reisen, egal ob im Kopf oder in der Realität, die andere nicht machen können, und erzählen ihnen nachher alles. Wir sehen genauer hin als andere, zeigen auf und weiden uns an ihrem Erstaunen Ein bisschen vermessen auch wir die Welt.
Es ist ein gutes Gefühl."

Dienstag, 21. April 2009

Süße Küsse


Leider haben wir in drei Tagen nicht besonders viel Ungarisch aufschnappen können, aber eine bemerkenswerte scheinbare semantische Verwandtschaft ist mir denn doch aufgefallen:
csók - der Kuss sieht doch sehr ähnlich aus wie csoki - die Schokolade, die ich am Bahnhof gekauft habe, um letzte Münzen auszugeben.

Tja, es ist eine Tatsache: Küsse und Schokolade - beides tut gut :)

Impressionen: Budapest

Eine Stadt an der Donau, 23 Bezirke, knapp 2 Millionen Einwohner, k.u.k. Vergangenheit, ein Stephansdom und viele Sprachen: Budapest ist das andere Wien.

Drei Stunden Zugfahrt neben einem mehrsprachigen Kosmopoliten, der dem Schaffner jenseits der ungarischen Grenze unsere Platzreservierungskarten ausdeutscht (die für 4 Personen gedacht waren; leider sind wir wegen Muttis Krankheit aber nur zu zweit).

Budapest ist - unter anderem, weil gerade eine vierte Metro-Linie gebaut wird - eine große, staubige Baustelle. Wir ziehen zu Fuß los: Stadterkundungen in Echtzeit. Die große Markthalle mit Ständen voller Kitsch auf der Galerie, der steile Gellért-Berg mit der Zitadelle und den verwirrenden Waldwegen, die Fußgängerzone und der Stephansdom beschäftigen uns am ersten Tag. Um 19 Uhr, kurz bevor es dunkel wird, dann eine Bootsrundfahrt auf der Donau. Rund um uns spanische Touristen.


Am Samstag stellen wir uns um kurz nach neun vor dem Parlament an, einem riesigen neugotischen Komplex mit sakral anmutender Kuppel. Kurz bevor wir an die Spitze der Schlange gelangen, enttäuscht uns ein frisch aufgestelltes Schild: "Tickets sold out for today. Next tickets on wednesday."

Das war nichts; dafür nehmen wir uns dann den großen Burgberg vor. Repräsentativbauten, Kirchen, der Präsidentensitz und die Fischer-Bastei, die sich in der Fassade des Hilton spiegelt. Ein Marzipan-Museum zeigt Sisi und Franz in Lebensgröße. Auch die Mathiaskirche ist über das Karwochenende geschlossen. Das historische Museum Ungarns dürfen wir betreten - stark reduziert, weil wir erstens Studenten sind und zweitens ein Teil der Sammlung wegen Renovierung geschlossen ist. Wir versäumen die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und ein Stück Mittelalter.

Dafür genießen wir am Abend das plötzlich sommerliche Wetter und sitzen bis zum Dunkelwerden im Gastgarten des renommierten (Wiener) Cafés Gerbeaud. Am Rückweg dann das einzige Zeichen dafür, dass Ostern bevorsteht: aus der unscheinbaren Franziskanerkirche quillt eine schier endlose Prozession von Mönchen und Kirchenbesuchern mit Kerzen in der Hand, die einmal um die Kirche wandert.


Am Sonntag stehen wir im schönsten Osterwetter vor der Großen Synagoge an und erhalten - nach eingehender Rucksackkontrolle - eine umfassende Führung in fließendem Deutsch. Anschließend suchen wir das "Stadtwäldchen" heim. Der dortige künstliche See ist noch nicht eingelassen, dafür tummeln sich auf seinem Grund spazierengehende Städter zwischen den Ständen eines Ostermarktes. Wir machen einen Abstecher in das Szechényi-Bad, das nicht nur über Thermalbecken, sondern auch über ein Außenbecken verfügt: Schwimmen mitten in Schönbrunn. Auch ein Erlebnis.

Samstag, 4. April 2009

Zusammenhalten 2.0

Streik im virtuellen Raum“ lautete kürzlich die Schlagzeile der (zugegeben, etwas tendenziösen und nicht immer ganz nachvollziehbaren) Uni-Zeitung unique. Ich horchte (oder besser: blickte) auf: ein virtueller Streik? Gewerkschaft 2.0?

Web 2.0 ist uns ein Begriff – es geistert durch all die lobenden, kritisch-bedächtigen und zeigefingerwarnenden Kommentare zu Tools wie YouTube, Facebook oder sogar SecondLife. Doch abgesehen von der Möglichkeit, mehr oder weniger wesentliche Informationen auszutauschen und (nicht zuletzt für berufliche Zwecke) schriftlich wie mündlich in Echtzeit zu kommunizieren, sehe ich hier nicht allzu viele realweltliche Errungenschaften.

Nun aber hat ein IBM-Betriebsrat „einen Streik bei IBM auf der digitalen Plattform Second Life initiiert“. So also funktioniert virtuelles Streiken: nicht etwa, dass man bei laufendem Computer mit verschränkten Armen vor der Tastatur sitzt oder per Chat Parolen skandiert. Nein: man streikt einfach in einer parallelen Welt, wo man mittlerweile schon mehr Kollegen trifft als im Büro. Man streikt ohne Konfrontationen mit realen Personen, ohne euphorisierenden Protestmarsch, ohne Bericht in der ZIB 2. Ströme am Datenhighway statt gesperrter Straßen. Was kann das bringen?

Vielleicht sollte ich positiv überrascht sein, dass es Gesellschaften (hier treffender: Communities) gibt, die es schaffen zu streiken. Die sogar so effizient kommunizieren, dass sie sich auf rein virtuellem Wege und länderübergreifend organisieren. Trotzdem bleibt es bedenklich zu beobachten, wie große Teile des Lebens mehr und mehr ins Virtuelle kippen, wie mehr und mehr Grüße, Liebesbekundungen, Neuigkeiten, Gespräche, Geschäftsabwicklungen, Freizeitgestaltung, Lebensinhalt im Web stattfindet. Haben wir denn keine realen Räume mehr, die uns Spaß machen und genügen? Ist unser virtuelles Gesicht so viel interessanter?

Ich bin gegen 100%-ige Telearbeit. Und ebenso bin ich dagegen, dass sogar die Kommunikation unter Kollegen, die Solidarisierung und Zusammenballung rein virtuell stattfinden soll. Es geht nichts über einen Kaffeeklatsch an einem realen Tisch in der realen Sonne. Und ebenso wenig kann ich mir einen virtuellen Protestmarsch vorstellen.

Montag, 30. März 2009

Entdeckung der Woche

Beim Lesen und Übersetzen von Cristina Peri Rossi bin ich auf eine interessante Sache gestoßen: das sogenannte "Stendhal-Syndrom". Benannt ist es nach den eindrücklichen Schilderungen des französischen Schriftstellers:

"Ich befand mich in einer Art Ekstase bei dem Gedanken, in Florenz den Gräbern so vieler Großen so nahe zu sein. Ich war in Bewunderung der erhabenen Schönheit versunken; ich sah sie aus nächster Nähe und berührte sie fast. Ich war an dem Punkt der Begeisterung angelangt, wo sich die himmlischen Empfindungen, wie sie die Kunst bietet, mit leidenschaftlichen Gefühlen gatten. Als ich die Kirche verließ, klopfte mir das Herz. Mein Lebensquell war versiegt, und ich fürchtete umzufallen."

(http://www.wissenschaft-online.de/artikel/893963)

Wenn man also angesichts von Kunst oder Ästhetik so überwältigt wird, dass man sich gar nicht mehr lösen kann und vielleicht auch noch körperliche Symptome spürt, dann hat man (nun) auch einen Namen dafür.

Das hat mich irgendwie fasziniert.

Sonntag, 22. März 2009

Presseschau

Publizistische Meisterleistung auf der Titelseite von "Heute" vom 19.3.:

"Wiener erschießt Arbeiter"

Klingt, als könne ein Wiener kein Arbeiter sein und umgekehrt. Oder als sei Arbeiter eine Herkunftsbezeichnung, die einen Menschen definiert. Interessantes Detail: der getötete Arbeiter war tatsächlich kein Wiener. Und die Macher von "Heute" scheinen sich darüber zu wundern, dass auch ein Wiener einen Ausländer erschießen kann und nicht nur umgekehrt - weil sonst sind ja immer die Fremden die Bösen, Gefährlichen.

Aber mal ehrlich: eine Zeitung, die Julia Timoschenko ob ihrer Frisur "Resi" nennt (22.3.) - was kann man von der schon erwarten?

Donnerstag, 19. März 2009

Ohne Worte


Zitat des Tages

«Pour faire face à de nouveaux publics, nous devons tout d'abord être en mesure de faire face à des sièges vides.»[ Peter Brook ]

Oder, funktional übersetzt: man muss sich über Neues drübertrauen - dazu aber zunächst mal Hürden in Kauf nehmen...

Samstag, 7. März 2009

Figuren & Co.

"Schlankheitsinstitut Figurella sucht Mitarbeiterinnen zur Unterstützung unseres jungen Teams (Kleidergröße 36/38, gepflegtes Auftreten) ab 18 Jahren."

Natürlich wären dicke Angestellte wenig werbewirksam für ein Schlankheitsstudio.
Schließlich steckt man sich dort ein Ziel und wirbt mit dessen Erreichbarkeit. Dicke Mitarbeiterinnen wären dem sehr abträglich.
Trotzdem oder gerade deshalb zeigt die Annonce wieder einmal wunderschön, wie eine ganze Gesellschaft ein und demselben Ideal hinterherläuft, in das sich nicht jede/r zwängen kann oder soll. Von Austria's Next Topmodel bis Figurella - alles ein einziges Theater.

Irgendwie ist die Welt schon absurd.

Montag, 16. Februar 2009

Und sie bewegt sich doch!

Endlich bewegt sich was im traditionsbewahrenden Schoß der Mutter Kirche. Nicht dass ihre Vertreter demokratisch gewählt und damit erwünscht wären, oder dass provokante Reformgeschichte geschrieben würde. So schnell geht das in einem insgesamt 2000-jährigen Apparat nicht.

Dennoch: es hat sich offenbar in letzter Zeit genügend Unzufriedenheit angestaut, um öffentlich und nachdrücklich Unmut zu zeigen - so öffentlich und nachdrücklich, dass ein "von oben" eingesetzter, erzkonservativer und engstirniger Weihbischof in spe beschließt, sein Amt gar nicht erst anzutreten.

Vor ein paar Jahren wäre das vielleicht noch nicht möglich gewesen. Jetzt, einige skandalträchtige Bischöfe, einen konservativen Papst und einige hundert Austritte später, ist die Zeit reif. Jedenfalls unter den Schäflein finden sich genügend Menschen, die ihren Glauben (und seine Institution) einigermaßen mit ihrer Lebenswelt verbunden sehen wollen. Und es als zeitgemäß betrachten würden, wenn Priester heiraten dürften, wenn Priester auch Frauen sein dürften (mit welchem Argument verbietet man es ihnen eigentlich?), die Kirche Homosexualität einfach nur akzeptieren würde (die wenigsten homosexuell Lebenden würden sich nämlich heilen lassen) und das Geschehen nicht mehr ohne Wenn und Aber von Rom aus bestimmt würde. Und es ist nur auf den ersten Blick kurios, dass nicht wenige zur evangelischen Konfession übertreten, weil sie sich als religiös, aber nicht als katholisch sehen und weil sie mit Reaktionen und Dogmen der katholischen Kirche nicht mehr einverstanden sind.

Vielleicht sehen die Obrigkeiten jetzt, dass gehandelt und verändert werden muss. Schließlich kann der liebe Gott (dieses Adjektiv Wagner zum Trotz) einer solchen Verknöcherung seiner Organisation auf Erden doch auch nicht zustimmen können. Das funktioniert so nicht mehr.

In diesem Sinne: Einsicht statt Austritt. Zeitgeist statt Heiliger Geist. Und im Übrigen: jedem das Seine, jeder das Ihre.

Samstag, 14. Februar 2009

Big Valentine is watching you

Rosa. Ich sehe rosa. Und rot. Rote Plastikherzen, rosa Krepppapier-Maschen, gelbe Blumentopfmanschetten. Und ich bin mir nicht sicher, ob die Blumen dazwischen drin echt sind.

Im Supermarkt haben sie ein rollbares Regal voller Valentins-Kitsch-Blumenarrangements genau dorthin gestellt, wo sich die Menschen immer am dichtesten für die Kasse anstellen. Ein Elektronikanbieter macht Werbung mit einem Handy, das es bis zum Valentinstag besonders günstig gibt. (Wer schenkt ein Handy zum Valentinstag?) In der Zeitung, im Fernsehen, im Internet und natürlich in den Schaufenstern diverser Dessous-Geschäfte wird man daran erinnert, dass heute der 14. Februar ist.

Ich weiß. Ich hab ja einen Kalender. Ich hab auch einen lieben Freund. Ich will ihm auch sagen, dass er ein lieber Mensch ist und ich sehr gern schon 6 Jahre mit ihm zusammen bin. Aber dazu bin ich glücklicherweise nicht auf rote Plastikherzen angewiesen, mit denen ich zu einem bestimmten Datum im Jahr die nächstbeste Handelskette unterstütze.

Lieber fabriziere ich ihm - zu unserem Datum - eine (schief geratene) Karte oder unsern guten Schokokuchen, umarme ihn einmal extra und schreibe öffentlich ins Internet:
Ich hab dich lieb, Hannes!
Nur dass ihr es wisst.

Ich schwimm nun mal nicht gern mit dem Strom. Schon gar nicht mit einem roten Kommerz-Herz. Lieber sag ich es so, wie ich es meine.

Genug...

... der Pause.

Nach Prüfung, Krankheit und kurzem Heimaturlaub (nein, nicht um die Jörg-Haider-Brücke einzuweihen) habe ich lange genug nicht mehr gebloggt. Wird Zeit, dass sich das ändert.

Zu beobachten in der Welt gäbe es genug. Gedanken im Kopf habe ich genug. Sie müssen nur geordnet herauskommen.

Also: in Zukunft wieder mehr Posts.

Sonntag, 18. Januar 2009

Nachtrag zum Totenkult 2

andere sehen das ähnlich wie ich:

"...nicht schlecht...der soll no einmal was von wegen pietätlosigkeit (stermann und grissemann) daherfaseln....pfuipfui"

"SEHR GUT: ABSCHRECKENDES BEISPIEL !
Also ich finde dass, wenn die Witwe aus Pietät nichts dagegen hat, ausgesprochen gut. Wenn den so ein Discobesitzer erwirbt, er damit durch die Discos tingelt und das Wrack als Abschreckung zu besichtigen ist. Dann zeigt sich wieder mal die alte Weisheit: Auch wenn man sonst nicht viel getaugt hat, als abschreckendes Beispiel ist man immer noch gut genug."

"jetzt erkennen...
...wohl auch die blindesten bzö wähler, dass nach ableben ihres hirten der rest der bewegung nur dumm herumirrende schafe sind. laut blöken. mehr ist wohl nicht zu erwarten. ich hoffe nur, dass sie sich nicht alle der herde rechts neben ihnen anschliessen."

kommentare von derstandard.at

(auffällig übrigens: die artikel sind in mehreren medien fast wortident... die übernehmen, wie schon öfter festgestellt, gemütlich die apa-meldungen und machen sogar noch die gleichen tippfehler hinein... publizistische vorbilder, das. sollten wenigstens das rechtschreibprogramm drüberlaufen lassen, wenn sie sich schon keine korrektoren leisten.)

Nachtrag zum Totenkult

Die nachträgliche solare Verehrung von Jörg Haider reißt nicht ab. Nicht genug damit, dass die Menschen wochenlang am Unfallort trauern, dass ihm Denkmäler errichtet werden und sich die Kärntnerlied-CDs dieses gewordenen Kärntners (ein Immigrant!) wie die warmen Semmeln verkaufen: jetzt soll auch noch das Unfallauto versteigert werden. Das nicht einmal ihm gehörte, sondern einer Leasingfirma. Die jetzt Regress fordert, weil das Auto verunfallt ist. Wegen zu hoher Geschwindigkeit und Alkohols im Blut. Also zu Recht.

Wer ist verrückt genug, das Unfallwrack zu ersteigern? Und vor allem aus welchem Motiv? Vielleicht um jugendlichen Rasern oder Komatrinkern ein Mahnmal zu erstellen? Um ein Götzenbild für den Totenkult im eigenen Garten zu haben? Um künstlerisch zu provozieren? (So mutmaßen manche Medien - wie genau die künstlerische Provokation aussehen soll, ist mir in dem Fall unklar.)

Ich jedenfalls brauche weder Haiders Unfallwrack noch den ehemaligen Flitzer vom Papst. Als alte Umweltschützerin nehm ich weiterhin die stinkende U6.

Sonntag, 11. Januar 2009

Neues für den Totenkult

Für alle Kärntner, die sich nach dem 10. Oktober dem Kult der abgestürzten Sonne zugewandt haben, gibt es wieder ein Sammlerobjekt. In zwei speziellen Ausführungen.

Wer es lieber puristisch mag und sich einfach nur mit geschlossenen Augen der Musik hingibt, dem sei die CD empfohlen: ein Mix von Kärntner Weisen, feat. Dr. Jörg Haider. Drei Soli des Stars!

Wer lieber verschiedene Sinnesreize zugleich empfängt, dem sei die DVD empfohlen: mit „wunderschönen Landschaftsaufnahmen“, wie der Lauftext im Shop-TV informiert. Die Fans vom actionreichen ORF-Wetterpanorama sollten sich das nicht entgehen lassen.

Und wer dann noch nicht gesättigt ist, der stürze sich auf die ultimative Homepage mit dem ultimativ werbekräftigen Namen www.haider-singt.at. Was man dort findet? Zum Beispiel Posters, auf denen Haider im Kärntneranzug vor einer sonnigen Wiese oder in einer rustikalen Stube sitzt. Noch schlimmer gehts immer.

Danke an den ORF für seine kritische Sendelinie.

Freitag, 9. Januar 2009

Bessere Zeiten

Die Zeiten werden nicht besser oder schlechter.
Sie werden nur anders.

Ein neues Jahr hat begonnen, und das ist ja immer Stichdatum der Vor- und Rückblicke. Ich ziehe auch so meine Bilanz, aber was ich nicht mag, sind diese Medienrückblicke, die entweder einseitig negativ sind (eine Katastrophe nach der andern) oder einfach nur sensationslüstern lästern.

Bei meiner eigenen Bilanz stelle ich fest, dass ich Zweifel hab wegen der Zukunft (wer hat das nicht). Und wenn ich meine Umgebung so beobachte, stelle ich fest, dass oft die Alten den Jungen was neiden und umgekehrt. Die Alten neiden den Jungen die "Freiheit", die Jungen den Alten die sicheren Jobs und die Pensionen. Die Alten meinen, wir Jungen hätten es besser, die Jungen meinen, die Alten hätten's besser.

Ich glaube: die Zeiten werden nicht besser oder schlechter, nur anders.

Vielleicht ist das auch bloß die Sicht einer Jungen. Weil die Jungen das leichter akzeptieren. Weil sie es so kennen. Wer weiß, wie wir einmal sein werden, und wie uns das, was wir jetzt erleben, später prägt. Probleme gibts schließlich immer. Sie sind nur immer anders. (Und - unfairerweise - nicht immer gerade für alle gleich groß.)