Dienstag, 25. November 2008

Uni-Chaos Österreich, Teil III

Laut dem ominösen Ranking liegt Deutschland unmittelbar vor Österreich auf dem vorvorletzten Platz (15 von 17). Und das, obwohl dort etwas vermeintlich Qualitätsförderndes praktiziert wird: Zugangsbeschränkungen, Numerus clausus.

Ich finde es grundsätzlich sinnvoll, dass an Universitäten nicht blind drauflos studiert und aufgenommen werden kann. Das geht erstens ressourcentechnisch nicht und entspricht zweitens so gar nicht der Arbeitsmarktsituation.
Also Selektieren – aber wie? Psychoterror ist bestimmt der falsche Weg, auch wenn er Belastbarkeit prüfen mag. Abschreckung durch übertriebene Lernmengen in den ersten Wochen oder bürokratische Irrwege (die anscheinend häufigste Methode in Österreich) ist unsinnig. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – die bessere Lösung? Auch nicht ideal.

Sinnvoll wären Methoden, die der Realität entsprechen. Die, wo es notwendig ist, die wirklich geeigneten Anwärter für einen Berufsweg herausfiltern. Die spezielle Voraussetzungen – seien es Charakterzüge wie Geduld, Einfühlungsvermögen, Führungsstärke, Effizienz oder fachliche, talentbedingte Eignungen – prüfen und diejenigen herausfinden, die sie aus irgendwelchen Gründen überhaupt nicht mitbringen. Getestet werden müsste das entweder zum Teil im Schulabschluss, im Rahmen der Matura oder gezielter Projektarbeiten, oder, wo nicht möglich, in fachspezifischen Aufnahmeprüfungen. Durchgeführt von Leuten „aus der Praxis“, die wissen, was wichtig ist, die wissen, was fehlt.

In gut umrissenen Berufsfeldern wie Medizin ist das wahrscheinlich möglich, obwohl auch so eine Prüfung nur bedingt aussagt, ob jemand geeignet ist für den einfühlsamen Praktiker und/oder den Forschergeist über dem Mikroskop und/oder den belastbaren Krankenhausmanager . Und auch, wenn man alle Zielberufe abdecken kann, so muss man ja zunächst durch das Studium – das sich mit seinen Bedingungen und Anforderungen, wie schon bemerkt, mit dem Berufsleben oft nur geringfügig deckt.

Wichtig wäre deshalb zunächst einzig und allein, die universitären Inhalte so zu gestalten, dass sie für den Arbeitsalltag brauchbar sind. Soll heißen: praxisnah. Und nicht nur das: dass sie auf diesen auch besser vorbereiten. Die Wissenschaft ist präsent genug, sie wird auf den Unis ohnehin gefördert und praktiziert. Sie kann auch wesentlich beitragen – vorausgesetzt, sie verhält sich kooperativ.

Wissenschaft muss der Praxis zuarbeiten und sehen, wo die Fehler liegen. Zum Hinterfragen – und zum Herausfinden – ist sie ja da.

Sonntag, 23. November 2008

Uni-Chaos Österreich, Teil II

Zu Zusatzanforderungen wie Praktika und Auslandserfahrung wäre auch noch etwas anzumerken.

Diese mehr oder weniger individuellen und fachnahen Erfahrungen sind beinahe schon Voraussetzung, will man sich heute bewerben und etwas gelten. In vielen Studien wird einem auch das Auslandsjahr nicht mehr bloß vorgeschlagen, sondern mindestens nahe gelegt.
Dann aber nicht so ohne Weiteres angerechnet.

Eingebettet ist dieses Problem in den chaotischen Kontext der Internationalisierung von Studien, dem inzwischen berüchtigten „Bologna-Prozess“ (auch so ein Unwort, wenn auch nicht nur des Jahres). Europaweit sollen die Studienpläne einander angepasst werden – angeblich um die Mobilität zu fördern. Studien sollen einerseits vergleichbar werden, mit vergleichbaren, anerkannten Abschlüssen, und andererseits ähnlich genug, dass man ohne Probleme ins Ausland gehen kann und die dort absolvierten Lehrveranstaltungen dann auch anerkannt werden.
Österreichs trägem, verwissenschaftlichtem und teils stark rückwärtsgewandtem Bildungssystem täte eine ordentliche Durchstrukturierung (und ich meine damit keinesfalls Verschulung!) nicht schlecht. Das, was hier passiert, ist aber sinnlos.

Unabgesprochen, unmotiviert und vor allem finanziell unterbemittelt werden neue Studienpläne hervormodelliert, oft halbherzig in Module oder ECTS-Korsetts gepresst und so gar nicht austauschbar. Eben weil jeder sein eigenes Süppchen kocht, dem Weg des geringsten Aufwandes folgt, nur um dem Gesetz möglichst Genüge zu tun. Man behilft sich vielerorts mit zusammengebastelten Übergangsplänen. Wer darunter leidet? Die Studenten.

Sie lernen so - zwangsläufig - Organisation in schwierigen Umständen und Flexibilität unter willkürlichen Bedingungen. Sie lernen da mehr als in so mancher Vorlesung. Und das sollte honoriert werden – indem man zum Beispiel im Gegenzug etwas großzügiger anrechnet, was bereits absolviert wurde. Besonders in Fällen, wo aus Vorlesungsmangel – oder eben im Ausland – ein anderes, ähnliches Fach absolviert wurde und das Warten auf das eigentlich Fehlende noch mehr Zeit kosten würde, oft auch ein zusätzliches Semester.

Studieren unter schwierigen Bedingungen – und dann auch noch darauf warten müssen, das will niemand. Kein Wunder, dass die Studenten- und vor allem Absolventenzahlen nicht unbedingt steigen. Man müsste es ihnen ein wenig schmackhafter machen – wenn schon nicht mit flexibleren Studienplänen, so wenigstens mit flexiblerer Bürokratie: durch einfache Anrechenbarkeit etwa.

Freitag, 21. November 2008

Uni-Chaos Österreich

Österreichs Universitäten belegen angeblich vor Spanien im europäischen Ranking den vorletzten Platz – diese Titelzeile hat mein Blick vor kurzem irgendwo im Internet gestreift. (So ist das eben: man zappt, klickt und blättert sich durch, lässt Bruchteile vieler vieler Informationen auf sich eindringen, und ein paar, für die man aus irgendeinem Grund besonders empfänglich ist, dringen auch durch.)

Österreichs Unis schneiden also sehr schlecht ab. Was bedeutet aber „schlecht“? Schlechte Organisation? Wäre doch zutreffend. Schlechte Lehre? Das mag auf die Lehrenden ankommen. Schlechte Absolventen? Oder überhaupt zu wenig Absolventen?

Alles und nichts. Gemessen wird an „Akademikerquote, Zugangsvoraussetzungen, Jobchancen der Absolventen, Attraktivität für ausländische Studenten, Reformbereitschaft der Unis und deren Rolle für lebenslanges Lernen“. Und da scheint es für Österreich nicht gut auszusehen.
Dass in Österreich die Bürokratie für viele (unnötige) Hindernisse sorgt und der finanzielle Spielraum der Unis (und dafür können sie wohl nichts) sehr gering ist, braucht hier nicht erwähnt zu werden. Dass universitäre Ausbildung allein nicht reicht, um sich erfolgreich einen Job zu fischen, sondern Praktika und anderweitige Erfahrung erwünscht sind, wurde hier auch bereits diskutiert.

Aber die geringe Akademikerquote? Die wenigen Absolventen? Zunächst sei gesagt: Akademiker zu sein ist ja nicht a priori erstrebenswert. Ständig bekommt man in Aussicht gestellt, man sei entweder unter- oder aber überqualifiziert, müsse mit Wartezeiten oder verhältnismäßig schlechtem Verdienst rechnen. Die Ausbildung dauert meistens recht lang und bringt auch kein Geld. Und von manchen Studien wird einem überhaupt abgeraten („Orchideenfächer“ und andere Aussichtslosigkeiten… Vor wenigen Jahren galt auch Lehramt noch als aussichtslos. Dass in Wien inzwischen Lehrermangel herrscht, sei hier nur am Rande erwähnt.)

Entscheidet man sich dennoch für ein Studium, bekommt man – so haben jedenfalls ich und einige meiner Freunde das erfahren – immer wieder vermittelt, wie viel besser man noch werden muss und wo es im Fachbereich überall hapert, aber man erhält andererseits sehr wenig praktisches Rüstzeug und Hinweise darauf, was man mit eben dieser Ausbildung später eigentlich anfangen kann.

Wer will da noch studieren und oft interessante, aber fast immer abgehobene Inhalte lernen, wenn andererseits Arbeiter gesucht werden, Tausendsassas statt Fachidioten, oder wenn Betriebe Menschen suchen, die jung sind, aber Berufserfahrung haben?
Lange Ausbildung, wenig Geld und womöglich noch schlechte Berufschancen – das ist schwer schmackhaft zu machen. Also her mit den Änderungen. Die Zukunft hat sie dringend nötig.

Sonntag, 16. November 2008

Was mich diese Woche überraschte...

...war die Lizenzenmappe im Verlag. Es fragen sehr wohl Leute an, ob sie bei uns erschienene Bücher übersetzen können/dürfen. Und das in sehr interessante Sprachen: Russisch (ein Verlag in der Ukraine), Koreanisch (ein Verlag bzw. eine Privatperson) und Türkisch (ein interessierter Verlagschef). Von den Niederlanden ist noch eine Antwort ausständig...

Fazit: Auch "Orchideensprachen" haben eine Chance. Und "Orchideenverlage" auch :-)

Samstag, 1. November 2008

Mein Senf dazu

Wieder Aufregung in Kärnten…Das BZÖ hat in einer Aussendung angekündigt, sich beim ORF zu beschweren:

„Auslöser war die Ausgabe der Satire-Show vom 23. Oktober mit den Kabarettisten Stermann & Grissemann, die dem Tod Jörg Haiders breiten Raum gewidmet hatte.Ziel der Beschwerde sei es, den Verantwortlichen des ORF klar zu machen, dass sich die Kärntnerinnen und Kärntner die bösartige Berichterstattung des ORF nicht mehr länger gefallen lassen, so der designierte Parteichef Uwe Scheuch: ‚Wir können und wollen nicht zulassen, dass ein ganzes Land lächerlich gemacht wird.‘“ (APA)

Nachdem der Tod von Jörg Haider in Kärnten geradezu pathetisch betrauert wurde und tagelang in sämtlichen Medien präsent war, liegt es auf der Hand, dass die Verhältnisse in Kärnten zum Hauptthema einer österreichischen Satiresendung werden. Das muss eine Demokratie mit dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auch zulassen, und das muss eine Partei auch aushalten. Im Zentrum der Öffentlichkeit zu stehen bedeutet auch, das Schwarze in der Zielscheibe zu sein. Dass die Pfeile manchmal etwas unter der Gürtellinie treffen, ist eine andere Geschichte.

Wo liegt denn die Grenze zwischen Verarschung und Verleumdung, zwischen Provokation und Geschmacklosigkeit? Diese Grenze ziehen wir wohl alle individuell verschieden. Wo die einen noch lachen, kommt den andern das Grausen. Aber eines ist klar: Sobald wir selbst gemeint sind, vergeht uns das Lachen auf einem Niveau, auf dem wir sonst noch lange gekichert hätten.

Häufig reagieren wir da aber überzogen. Allzu beleidigt sein zeugt oft nicht so sehr von der Gemeinheit der anderen als vielmehr von der eigenen Unreife. Kritisieren kann jeder, kritisiert werden ist da viel schwieriger. Denn Kritik zu vertragen bedeutet auch Bereitschaft, etwas zu ändern. Diese Bereitschaft setzt Sicherheit voraus, und Sicherheit braucht Wissen darüber, was läuft, damit man abwägen kann, was man selbst davon hält.

Informiert euch! Lest Kommentare! Und kommentiert selbst.