Montag, 27. April 2009

SPAM

Es kommt ja immer wieder vor, dass in meinem Werkstatt-E-Mail-Eingang (einem Webmailer) ein unmoralisches Angebot durch den Spam-Filter rutscht. Und meistens sind diese Spam-Mails an ihren kryptischen Absendern oder ihren vielsagenden Titeln eindeutig erkennbar. Heute aber erreichte mich ein besonders unelegant verkleidetes Potenzpillen-Angebot. Die Betreffzeile lautete: "Weihnachtszeit ist Potenz-Zeit!"
Nicht nur der Zusammenhang ist mir schleierhaft, auch die Aktualität lässt meines Erachtens etwas zu wünschen übrig. Etwas mehr Einfallsreichtum hätte ich von Spammern und Phishern (in ihrem eigenen Verkaufsinteresse) doch erwartet.

Sonntag, 26. April 2009

ad) Literaturbetrieb

Für alle, die mehr oder weniger intensiv eine künstlerische Ausdrucksform betreiben, es nicht ganz lassen können, und das über Jahre hinweg, hier ein Zitat aus dem (amüsanten und wahren) Erfahrungsbericht meiner ehemaligen Literaturwerkstatt-Kollegin Cornelia Travnicek:

"Vielleicht wird es nie Klagenfurt sein. Für mich nicht und für viele andere auch nicht. Aber das macht nichts. Die Zeit der Geburtshäuser, in denen man dann das ganze Leben verbringt, ist vorbei, wir ziehen alle mehrmals im Leben um. Wohin sollte man da auch die Gedenktafeln hängen?"

Klagenfurt hier nicht zum Leben, sondern zum Lesen. In diesem Fall berühmt-berüchtigt.
Nein, ich glaube auch nicht, dass ich jemals beim Bachmann-Wettbewerb lesen werde. Auch wenn es mir wieder öfter zum Bedürfnis wird zu schreiben und die Übung meist doch ein klein wenig in Richtung Meister führt. Aber das ist nicht so schlimm. Denn:

"Schriftsteller zu sein bedeutet schon lange nicht mehr, sich hinter der Brille und einer Regalwand zu verkriechen und nur mehr mit fertigen Manuskripten hervorzukommen. Wir dürfen das Leben auch betreten.
Wie gehen hinaus, wir sehen uns um. Wir leben so, dass wir auch wieder autobiographisch schreiben dürfen, ganz ohne dass uns jemand »Nabelschau« vorwirft, denn unser Leben ist interessant genug, um erzählt zu werden. Wir haben Spaß an den Gestalten unserer Fantasie. Wir sind ein bisschen Rockstar. Wir machen die Reisen, egal ob im Kopf oder in der Realität, die andere nicht machen können, und erzählen ihnen nachher alles. Wir sehen genauer hin als andere, zeigen auf und weiden uns an ihrem Erstaunen Ein bisschen vermessen auch wir die Welt.
Es ist ein gutes Gefühl."

Dienstag, 21. April 2009

Süße Küsse


Leider haben wir in drei Tagen nicht besonders viel Ungarisch aufschnappen können, aber eine bemerkenswerte scheinbare semantische Verwandtschaft ist mir denn doch aufgefallen:
csók - der Kuss sieht doch sehr ähnlich aus wie csoki - die Schokolade, die ich am Bahnhof gekauft habe, um letzte Münzen auszugeben.

Tja, es ist eine Tatsache: Küsse und Schokolade - beides tut gut :)

Impressionen: Budapest

Eine Stadt an der Donau, 23 Bezirke, knapp 2 Millionen Einwohner, k.u.k. Vergangenheit, ein Stephansdom und viele Sprachen: Budapest ist das andere Wien.

Drei Stunden Zugfahrt neben einem mehrsprachigen Kosmopoliten, der dem Schaffner jenseits der ungarischen Grenze unsere Platzreservierungskarten ausdeutscht (die für 4 Personen gedacht waren; leider sind wir wegen Muttis Krankheit aber nur zu zweit).

Budapest ist - unter anderem, weil gerade eine vierte Metro-Linie gebaut wird - eine große, staubige Baustelle. Wir ziehen zu Fuß los: Stadterkundungen in Echtzeit. Die große Markthalle mit Ständen voller Kitsch auf der Galerie, der steile Gellért-Berg mit der Zitadelle und den verwirrenden Waldwegen, die Fußgängerzone und der Stephansdom beschäftigen uns am ersten Tag. Um 19 Uhr, kurz bevor es dunkel wird, dann eine Bootsrundfahrt auf der Donau. Rund um uns spanische Touristen.


Am Samstag stellen wir uns um kurz nach neun vor dem Parlament an, einem riesigen neugotischen Komplex mit sakral anmutender Kuppel. Kurz bevor wir an die Spitze der Schlange gelangen, enttäuscht uns ein frisch aufgestelltes Schild: "Tickets sold out for today. Next tickets on wednesday."

Das war nichts; dafür nehmen wir uns dann den großen Burgberg vor. Repräsentativbauten, Kirchen, der Präsidentensitz und die Fischer-Bastei, die sich in der Fassade des Hilton spiegelt. Ein Marzipan-Museum zeigt Sisi und Franz in Lebensgröße. Auch die Mathiaskirche ist über das Karwochenende geschlossen. Das historische Museum Ungarns dürfen wir betreten - stark reduziert, weil wir erstens Studenten sind und zweitens ein Teil der Sammlung wegen Renovierung geschlossen ist. Wir versäumen die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts und ein Stück Mittelalter.

Dafür genießen wir am Abend das plötzlich sommerliche Wetter und sitzen bis zum Dunkelwerden im Gastgarten des renommierten (Wiener) Cafés Gerbeaud. Am Rückweg dann das einzige Zeichen dafür, dass Ostern bevorsteht: aus der unscheinbaren Franziskanerkirche quillt eine schier endlose Prozession von Mönchen und Kirchenbesuchern mit Kerzen in der Hand, die einmal um die Kirche wandert.


Am Sonntag stehen wir im schönsten Osterwetter vor der Großen Synagoge an und erhalten - nach eingehender Rucksackkontrolle - eine umfassende Führung in fließendem Deutsch. Anschließend suchen wir das "Stadtwäldchen" heim. Der dortige künstliche See ist noch nicht eingelassen, dafür tummeln sich auf seinem Grund spazierengehende Städter zwischen den Ständen eines Ostermarktes. Wir machen einen Abstecher in das Szechényi-Bad, das nicht nur über Thermalbecken, sondern auch über ein Außenbecken verfügt: Schwimmen mitten in Schönbrunn. Auch ein Erlebnis.

Samstag, 4. April 2009

Zusammenhalten 2.0

Streik im virtuellen Raum“ lautete kürzlich die Schlagzeile der (zugegeben, etwas tendenziösen und nicht immer ganz nachvollziehbaren) Uni-Zeitung unique. Ich horchte (oder besser: blickte) auf: ein virtueller Streik? Gewerkschaft 2.0?

Web 2.0 ist uns ein Begriff – es geistert durch all die lobenden, kritisch-bedächtigen und zeigefingerwarnenden Kommentare zu Tools wie YouTube, Facebook oder sogar SecondLife. Doch abgesehen von der Möglichkeit, mehr oder weniger wesentliche Informationen auszutauschen und (nicht zuletzt für berufliche Zwecke) schriftlich wie mündlich in Echtzeit zu kommunizieren, sehe ich hier nicht allzu viele realweltliche Errungenschaften.

Nun aber hat ein IBM-Betriebsrat „einen Streik bei IBM auf der digitalen Plattform Second Life initiiert“. So also funktioniert virtuelles Streiken: nicht etwa, dass man bei laufendem Computer mit verschränkten Armen vor der Tastatur sitzt oder per Chat Parolen skandiert. Nein: man streikt einfach in einer parallelen Welt, wo man mittlerweile schon mehr Kollegen trifft als im Büro. Man streikt ohne Konfrontationen mit realen Personen, ohne euphorisierenden Protestmarsch, ohne Bericht in der ZIB 2. Ströme am Datenhighway statt gesperrter Straßen. Was kann das bringen?

Vielleicht sollte ich positiv überrascht sein, dass es Gesellschaften (hier treffender: Communities) gibt, die es schaffen zu streiken. Die sogar so effizient kommunizieren, dass sie sich auf rein virtuellem Wege und länderübergreifend organisieren. Trotzdem bleibt es bedenklich zu beobachten, wie große Teile des Lebens mehr und mehr ins Virtuelle kippen, wie mehr und mehr Grüße, Liebesbekundungen, Neuigkeiten, Gespräche, Geschäftsabwicklungen, Freizeitgestaltung, Lebensinhalt im Web stattfindet. Haben wir denn keine realen Räume mehr, die uns Spaß machen und genügen? Ist unser virtuelles Gesicht so viel interessanter?

Ich bin gegen 100%-ige Telearbeit. Und ebenso bin ich dagegen, dass sogar die Kommunikation unter Kollegen, die Solidarisierung und Zusammenballung rein virtuell stattfinden soll. Es geht nichts über einen Kaffeeklatsch an einem realen Tisch in der realen Sonne. Und ebenso wenig kann ich mir einen virtuellen Protestmarsch vorstellen.