Sonntag, 21. November 2010

Kultur demokratisch

"Kultur ist per definitionem nicht demokratisch", sagt Andrew Keen und beklagt, dass diese von ihm definierte Kultur durch das Internet mürbe gemacht wird. Letzteres sei eine wunderbare PR-Plattform für geschäftliche und private Selbstdarstellung, aber keine Bühne für "echte" Autoren und Künstler. Viel zu wenig Kontrolle, viel zu wenig Regulierung gebe es, und so tummelten sich dort vorwiegend Amateure und Narzissten, gegen die die "Echten" dann kaum ankämen.

Natürlich: Medien, die von jemandem "gemacht" werden und nicht aus einer wabernden Masse der "Community" entstehen, sind gesteuerter. Aber: ist erstens nicht auch das zuweilen gefährlich, wenn etwa ein Berlusconi auf des Staates Fernsehen und Zeitungshäusern sitzt? Und ist zweitens nicht schon seit einigen schleichenden, dann rasenden Jahren die allgemeine Tendenz aller Medien die der Mitmischerei? Alle Zielgruppen einzubinden, auf dass alle irgendwann mitmischen, um vermeintlich die Masse zu erreichen (was ja auch teils funktioniert)? Es wird nicht mehr bloß gesendet, "emittiert". Zunächst werden die Stars imitiert, dann gibt es Apps auf allen Ebenen.
Und es folgt eine neue Zugänglichmachung. Rückblickend vielleicht gut so. Als Gutenberg das Privileg der Mönche abschaffte, Bücher zu machen, hat er auch demokratisiert: den Zugang. Es ist kein neues Schlagwort, dass Internet der neue Gutenberg ist. Wieder hat die Masse Zugang bekommen. Es steigt die Angst, sie könne mit dem Medium nicht umgehen. Andererseits steigt mit dem Zugang auch das Verständnis, und irgendwann wird das wohl auch im Netz so sein. Regulierungen hinken den Trends ja stets hinterher, gezwungenermaßen.

Ob Kultur demokratisch ist oder nicht, ist Definitionssache und schwer zu definieren. Der Zugang jedoch soll demokratisch sein. Wie das funktioniert, ohne jemand zum Nachteil zu gereichen, ist die Antwort, die stets hinterherhinkt. Aber, auch wenn jetzt (zu Recht!) die Skepsis waltet: wir (oder unsere Kinder) werden sie - eine - finden.

http://diepresse.com/home/kultur/kunst/611497/Andrew-Keen_Kultur-ist-nicht-demokratisch

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